FRÖSI 2005

Ziemlich genau drei Jahre nach dem kurzen Versuch, die FRÖSI als Tageszeitungsbeilage zu etablieren, startete das Magazin erneut, diesmal mit einer Erstauflage von 70.000 Stück im Pressegrosso und Bahnhofsbuchhandel der neuen Bundesländer. Neben einem ungenannt bleibenden Investor, der den Herausgebern den Start ermöglichte, diente dem Projekt vor allem die Kooperation mit dem Eulenspiegel, auf dessen Vertriebsweg die FRÖSI verteilt wurde.

Das angekündigte Erscheinen löste einen nicht unbeträchtlichen Medienrummel aus. Bereits im Vorfeld gab der FRÖSI-Verlag eine Pressemitteilung heraus. Danach griffen zunächst die Online- (Spiegel Online) und die Comicpresse das Thema auf, am Vortag und am Tag des Erscheinens widmeten ihm verschiedene Tageszeitungen (Die Welt, Der Tagesspiegel) einen größeren Aufmacher, beim MDR und im ZDF-Morgenmagazin gab es Beiträge in den Kultur-News.

Leider musste das Experiment nach einem halben Jahr wegen eines erheblichen Schwundes an Lesern abgebrochen werden. Zu diesem Zeitpunkt waren die folgenden sechs Ausgaben erschienen:

Frösi 5/2005
Jürgen Günther
Frösi 6/2005
Ulf Graupner
Frösi 7/2005
Jan Suski
Frösi 8/2005
Lutz Stützner
Frösi 9/2005
Jan Suski
Frösi 10/2005
Ulf Graupner

Das Projekt war inhaltlich erwartungsgemäß eine schwierige Gratwanderung: Einerseits der Tradition der alten FRÖSI verpflichtet, pädagogische Inhalte spielerisch zu vermitteln, andererseits den völlig veränderten Lesegewohnheiten der Zielgruppe auf einem heftig umkämpften Markt gerecht werden - an solchen Anforderungen kann man auch mit einem guten Produkt scheitern.

Denn es konnte sich durchaus sehen lassen, was die FRÖSI-Ehemaligen Andreas Strozyk und Egge Freygang gemeinsam mit ihrer familiären Mini-Redaktion und einigen wohlwollend zuarbeitenden Szene-Größen (siehe Cover) auf die Beine stellten. Der zweiseitige Historiencomic war grafisch sehr abwechslungsreich und unterhaltsam gestaltet, Oma Kasunke gewann ebenfalls eine Fangemeinde, über die Qualität der neuen Otto-und-Alwin-Einseiter gingen die Meinungen auseinander; offenbar fehlten die alten Ideengeber. Richard Hambach war mit einem Nachdruck der Professor-Einstein-Folgen vertreten und gestaltete ganzseitige Bilderkreuzworträtsel. Die inneren acht Seiten waren thematisch verbunden und auf der Rückseite gab es pro Heft eine Bastelei, die in den späteren Ausgaben Bezug zum Heftinneren hatte.

Möglicherweise war der Anspruch an die junge Leserschaft aber auch sehr hoch angesetzt: Der 8jährige Leser brauchte auf jeden Fall noch die Unterstützung seiner Eltern beim Durcharbeiten des Heftes, während der 12jährige am Kiosk wohl eher nach der BRAVO greifen wird, die weniger bildenden als unterhaltenden Lesestoff enthält, und für die intellektuelle Randgruppe gibt es Kid`s World und Geolino.

Dabei liegt es sicher nicht an der Kreativität der Macher an sich. Andreas Strozyk hat mit den Sandmann-bekannten Gutenachtgeschichten um den neugierigen Kalli und den Pirat Rasmus Rotbart bewiesen, dass er treffsichere, kindgerechte Unterhaltung abliefern kann. Aber es macht einen Unterschied, ob man als Redakteur der FRÖSI nichts anderes tun muss, als sich auszuspinnen, wie man die Kinder unterhält, oder die Auflage und den Erfolgsdruck im Rücken spürt. Unter den planwirtschaftlichen Bedingungen fester Auflagenhöhen und kalkulierbaren Absatzes konnten daeinst Dieter Wilkendorf, Walter Stohr und Frank Frenzel ihrer Phantasie freien Lauf lassen, und als gelernter DDR-Bürger war man Improvisieren gewöhnt. Unterstützung hatten sie durch scheinbar nie versiegende Kreativität ihres Künstlerstammes um Hambach, Horst Alisch und Jürgen Günther. Unter diesen Bedingungen dürfte es wesentlich leichter gewesen sein, pädagogische Inhalte spielerisch zu vermitteln. Hinzu kam, dass den Rezipienten in der DDR ein völlig anderes Bezugssystem hatten als die heutige Zielgruppe der 8- bis 12jährigen: Wer bastelt noch freiwillig Sachen aus Papier?

Es arbeitet sich vermutlich schwieriger und begrenzter unter dem Diktat des Geldes. So erklärt sich für mich, dass die "alte" und die "neue" Fassung der FRÖSI sich zwangsläufig unterscheiden mussten, sowohl inhaltlich als auch in der Rezeption. Dennoch ist es bedauerlich, dass der Versuch nur ein halbes Jahr währte, denn die Macher sind mit viel Enthusiasmus an den Neustart gegangen und haben solch einen Rückschlag nicht verdient. Viel Glück und Erfolg jedenfalls bei neuen Projekten!

Im Comicforum gab es weiterführende Diskussionen zum Neustart der FRÖSI, zu den einzelnen Heften (einschließlich Rezensionen) und zum Vergleich mit Micky Maus. Im Dezember 2005 meldete die FRÖSI Verlags GmbH Insolvenz an.